|
Onomatologie tolles Wort, aber was sollen wir damit
anfangen? Irgendwie haben meine Eltern doch wohl einen richtigen Knall!
Jetzt kann ich kaum lesen und muss Euch schon aus dem Fremdwörterlexikon
zitieren: Namenskunde, die Kunst einem Namen zu finden.
Stellt Euch vor, meine Eltern haben mich bis vor kurzem
noch nicht einmal beim Namen genannt. Immer nur "unser Kleener",
"unser babe" (als sei ich nicht für voll zu nehmen), "des
da in Deinem Bauch" und nicht zu letzt auch noch "Rotzbub".
Ganz zu Anfang, lieber Surfer, als ich noch so klein wie Euer Fingernagel
war, haben sie mir sogar einen Mädchennamen gegeben: Stella Rossa. Hört
sich an wie die Roten Brigaden, nicht wahr? Anscheinend haben die beiden
geglaubt, dass ich an der Namensgebung keinen Anteil haben würde. Weit
gefehlt! Jedes Wort, jede Beleidigung, jede Unterschätzung meines
Intellektes, jegliche Wortkonstruktion und Namenskonstellation habe ich
durch die flauschige Magengrube meiner Mama gehört. Die glaubten doch
tatsächlich, ich würde den lieben langen Tag nur herumplantschen und
wachsen. So nicht ! Wie gerne hätte ich Ihnen geantwortet, sie vom
Gegenteil überzeugt und ihnen mal ordentlich den Kopf gewaschen.
Irgendwie war ich aber trotzdem schon damals im Mittelpunkt des
Interesses. Von allen Seiten kamen die illustersten Vorschläge für
meinen Namen. In Form von Büchern - die Bibel, per
e-Mail und vielen anderen Medien. Vielen Dank an die Großeltern für die Erste
Hilfe. Ob Ihr es glaubt oder nicht, meine Eltern haben gerade die schönsten
Namen verworfen. Als ich schließlich größer wurde, musste ich einfach
die Initiative ergreifen. Entschuldige, Mama, aber wer nicht hören will, muss
fühlen. Ich habe also im Bereich des möglichen von Innen Druck
gemacht. Ihr wisst schon, ein bisschen treten hier, ein bisschen Schlafentzug da. Plötzlich wurden sie einsichtig! Sie haben sich für
einen Namen entschieden. Bemerkenswert ist, dass ich diesen Namen schon
von Anfang an gehört habe. Jan Leonid. Sie hätten es doch so einfach
haben können. Nomen est omen.
Meine lieben Internetsüchtigen, im folgenden möchte ich
Euch gerne ein wenig über meinen neuen Lieblingsnamen erzählen: Schon
vor mir gab es bedeutende Persönlichkeiten meines Namens. So zum Beispiel
der berühmte holländische Maler schwerer, aber nicht minder hoch
dotierter Ölschinken, Jan van Eyck. Oder auch Jan Hus, der alte Revoluzzer
zu Zeiten der Reformation. Nicht zu vergessen: Jan Kiepura, der
legendäre polnische Tenor (nie gehört). Des weiteren wurde durch meinen
Namen die deutsche Literatur in Gestalt von Jan Bronski in Günter Grass
"Die Blechtrommel" und Jan Lobel in Luise Rinsers Erzählung
"Jan Lobel aus Warschau" (werde ich alles bald lesen)
bereichert. Kennt Ihr auch den deutschen Schauspieler Jan Hendriks (nein,
nicht good old Jimi Hendrix)? Ich nicht! Die eigentliche Herkunft von Jan
liegt im griechischen Jochanan, aber so richtig bekannt geworden ist der
Name durch den biblischen Johannes in Person: Johannes der Täufer und als
Autor des gleichnamigen Evangeliums. Die Bedeutung lautet unter anderen
"Dem Gott gnädig ist".
Ihr dürft mich gerne Jannek nennen.
Als gleichberechtigten Zweitnamen haben mir meine Eltern
den Namen Leonid gegeben. Bedeutende Menschen trugen auch diesen Namen. So
zum Beispiel der russische Revolutionär Leonid Trotzki, über dessen
Tragweite meine Eltern immer wieder gerne disputieren. Außerdem der
ehemalige Generalsekretär der KPdSU Leonid Iljitsch Breschnew (also
dafür kann ich nun wirklich nichts). Abgesehen von diesen beiden so
gegensätzlichen Politikern trug der russische Literat Leonid Tolstoi
meinen wunderschönen Vornamen. Zur Etymologie (schon wieder dieses
Kauderwelsch): auch dieser Name hat seinen Ursprung im Griechischen.
Leonidas bedeutet übersetzt, "Der Löwensohn". Sogar mein Vater
hat sich inzwischen eine Löwenmähne wachsen lassen (ha, ha, ha).
Wie Ihr, meine lieben Webseitenschmöker, sehen könnt,
wollen meine M. und P. so allerlei in meine sprichwörtliche Wiege legen.
Was letztendlich aus mir wird, das entscheide ich aber selbst.
|